E-Zigaretten
werden häufig als weniger schädliche Alternative zur Tabakzigarette beworben. Diese Einschätzung ist trügerisch. Zwar entfällt die Verbrennung von Tabak, doch das beim Erhitzen entstehende Aerosol enthält zahlreiche gesundheitsschädliche Substanzen. Neue Studien aus Deutschland und der EU zeigen, dass das Dampfen keineswegs risikofrei ist – insbesondere wegen der chemischen Zusammensetzung der Liquids und der thermischen Zersetzungsprodukte, die beim Erhitzen entstehen.
Chemische Zusammensetzung der Liquids
Liquids bestehen im Wesentlichen aus vier Komponenten:
Propylenglykol (PG)
Eine farblose, hygroskopische Flüssigkeit, die als Trägerstoff für Aromen und Nikotin dient. Chemisch ist PG ein zweiwertiger Alkohol (1,2-Propandiol, C₃H₈O₂). Es sorgt für den sogenannten Throat Hit, das rauchähnliche Kratzen im Hals.
Beim Erhitzen über 200 °C kann PG jedoch oxidativ zersetzt werden und dabei Formaldehyd, Acetaldehyd und Acrolein bilden – alles Substanzen mit nachgewiesener zytotoxischer oder karzinogener Wirkung. Studien des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ, 2023) zeigen, dass diese Stoffe bereits bei moderater Überhitzung in messbaren Mengen freigesetzt werden.
Pflanzliches Glycerin (VG)
Ein dreiwertiger Alkohol (1,2,3-Propantriol, C₃H₈O₃), der für die Dampfproduktion verantwortlich ist. Glycerin gilt als physiologisch unbedenklich, solange es nicht überhitzt wird. Ab etwa 280 °C entstehen jedoch Acrolein und Glycidol, beides potenziell kanzerogene Verbindungen.
VG erhöht außerdem die Viskosität des Liquids, was bei unzureichender Temperaturkontrolle zu unvollständiger Verdampfung und lokalen Rückständen führen kann.
Nikotin
Eine alkaloide Verbindung (C₁₀H₁₄N₂), hochgradig suchterzeugend, neurotoxisch und gefäßverengend. In Liquids liegt Nikotin meist in zwei Formen vor: als freies Nikotin (Freebase) oder als Nikotinsalz.
Freebase-Nikotin wirkt schneller, reizt jedoch stärker die Schleimhäute.
Nikotinsalze (z. B. Nikotinsalicylat, Nikotintartrat) ermöglichen eine höhere Aufnahme bei geringerer Reizung und steigern damit das Suchtpotenzial, insbesondere bei Jugendlichen.
Nikotinsalze werden häufig bei Einweg-E-Zigaretten verwendet, wodurch bereits geringe Nutzungsmengen zu einer pharmakologisch relevanten Dosis führen können.
Aromastoffe
Aromakomponenten machen Liquids geschmacklich attraktiv, sind aber chemisch höchst unterschiedlich. Häufig werden Verbindungen wie Vanillin, Menthol, Cinnamaldehyd, Ethylmaltol oder Benzaldehyd eingesetzt.
Cinnamaldehyd (Zimtgeschmack) und Vanillin zeigen in Zellkulturstudien toxische Effekte auf bronchiale Epithelzellen.
Diacetyl, früher in Butteraromen verwendet, wurde EU-weit verboten, da es mit obliterierender Bronchiolitis („Popcornlunge“) assoziiert ist.
Beim Erhitzen reagieren viele Aromastoffe mit PG/VG zu sekundären Aldehyden und Ketonen – die Zusammensetzung des Aerosols ist daher chemisch instabil und abhängig von Gerätetyp, Temperatur und Aromenkombination.
Aerosolbildung und Schadstoffentstehung
Beim Dampfen wird die Flüssigkeit typischerweise auf 150–300 °C erhitzt. Dabei verdampfen PG und VG, doch gleichzeitig laufen thermische Zersetzungsprozesse ab. Das resultierende Aerosol enthält:
Feine Partikel (<1 µm), die tief in die Lunge eindringen,
Flüchtige organische Verbindungen (VOC), darunter Formaldehyd, Acetaldehyd und Acrolein,
Schwermetalle (Nickel, Chrom, Zinn) aus Heizspiralen,
Nikotin in gasförmiger und partikulärer Form.
Analysen deutscher Forschungseinrichtungen (Fraunhofer-Institut, DKFZ, 2024) belegen, dass die Konzentrationen dieser Stoffe stark schwanken – abhängig von Temperatur, Gerät und Liquidqualität. Besonders Einweg-E-Zigaretten weisen häufiger erhöhte Mengen an Formaldehyd und Metallpartikeln auf, da sie mit minderwertigen Heizspulen gefertigt werden.
Gesundheitsfolgen
Die gesundheitlichen Risiken lassen sich in drei Hauptgruppen einteilen:
Akute Effekte:
Reizung von Atemwegen und Schleimhäuten, Husten, Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit.
Studien zeigen kurzfristige Einschränkungen der Lungenfunktion nach 10–15 Zügen.
Chronische Effekte:
Oxidativer Stress und Entzündungsreaktionen im Lungengewebe,
Veränderung der endothelialen Funktion (Gefäßwand),
Erhöhtes Risiko für chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD) und Asthmaähnliche Symptome.
Abhängigkeit und neurologische Effekte:
Nikotin verändert langfristig die dopaminergen Belohnungsbahnen im Gehirn. Besonders Jugendliche entwickeln schnell eine neurobiologische Abhängigkeit. Laut Max-Planck-Institut für Psychiatrie kann sich bei regelmäßigem Konsum bereits nach wenigen Wochen eine Toleranz und Entzugsproblematik einstellen.
Umwelt- und Sicherheitsprobleme
Einweg-Vapes stellen ein erhebliches Entsorgungsproblem dar. Sie enthalten Lithium-Ionen-Zellen und Kunststoffgehäuse, die meist im Hausmüll landen. Durch unsachgemäße Entsorgung gelangen Schwermetalle und Elektrolytflüssigkeiten in die Umwelt. Deutsche Umweltbehörden warnen zudem vor Brandgefahr durch beschädigte Batterien.
Die Kombination aus Kunststoffmüll, Nikotinresten und Metallen macht Einweggeräte ökologisch besonders problematisch.