Endometriose

15. Februar 2025
Endometriose ist eine chronische gynäkologische Erkrankung, die nicht nur physisches Leid verursacht, sondern auch tiefgreifende psychologische, soziale und wirtschaftliche Konsequenzen hat. In diesem Artikel werden wir jeden Aspekt der Endometriose eingehend betrachten, ihre Pathophysiologie untersuchen, das breite Spektrum der Symptome, die Diagnoseprobleme, die Vielfalt der Behandlungsstrategien sowie die soziale und persönliche Dynamik, die mit diesem Zustand verbunden ist.

Pathophysiologie

Endometriose entsteht, wenn Gewebe, das der Schleimhaut der Gebärmutter (Endometrium) ähnelt, außerhalb der Gebärmutter wächst. Die Haupttheorien, die ihre Entstehung erklären, umfassen:

•    Retrograde Menstruation: Wenn menstruales Blut rückwärts durch die Eileiter in den Beckenraum fließt.
•    Metaphasie von Koelomzellen: Mesothelzellen verwandeln sich in endometriumähnliche Zellen.
•    Immunologische Störungen: Das Immunsystem erkennt oder zerstört nicht das abnorme Gewebe.
•    Genetischer Faktor: Bis zu 10% der Endometriosefälle können mit genetischer Prädisposition verbunden sein.

Symptomatik

Die Symptome der Endometriose können äußerst vielfältig und oft unspezifisch sein:

•    Becken-Schmerzen: Kann zyklisch sein, mit dem Menstruationszyklus verbunden oder konstant. Diese Schmerzen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
•    Schmerzhafte Menstruationen (Dysmenorrhö): Der Schmerz kann so stark sein, dass er den Alltag beeinträchtigt.
•    Schmerzen bei sexuellen Kontakten (Dyspareunie): Kann zur Vermeidung intimer Nähe führen.
•    Störungen des Darms und der Blase: Von Schmerzen beim Stuhlgang oder Wasserlassen bis hin zu Verstopfung und Blähungen.
•    Infertilität: Endometriose kann die Eileiter blockieren oder schädigen, die Implantation eines Embryos verhindern oder die Qualität der Eizellen verändern.
•    Müdigkeit und allgemeine Symptome: Chronische Müdigkeit, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Beinschmerzen.

Diagnose

Die Diagnose von Endometriose ist oft eine Herausforderung, die durch die Vielfalt der Symptome und die Notwendigkeit einer invasiven Bestätigungsmethode kompliziert wird. In diesem Abschnitt werden wir tiefer in die Diagnostik von Endometriose eintauchen, die verschiedenen Methoden und die damit verbundenen Probleme detailliert erläutern.

Methoden der Diagnose

1.    Laparoskopie:
    Beschreibung: Dies ist die Goldstandard-Methode zur Diagnose von Endometriose. Bei einer Laparoskopie wird eine kleine Kamera durch einen Schnitt in der Bauchwand eingeführt, um die inneren Organe zu inspizieren. Bei Verdacht auf Endometriose wird Gewebe entnommen (Biopsie) und histopathologisch untersucht.
    Vorteile: Bietet eine definitive Diagnose durch direkte Sichtung und Gewebeuntersuchung.
    Nachteile: Es handelt sich um eine chirurgische Prozedur, die unter Vollnarkose durchgeführt wird, was Risiken und Kosten mit sich bringt. Nicht alle Frauen möchten oder können sich einer solchen Operation unterziehen.
2.    Ultraschall (Sonografie):
    Beschreibung: Ein Transvaginaler Ultraschall kann Endometriome (Zysten auf den Eierstöcken) oder dicke Endometrium-Implantate erkennen. Es ist besonders nützlich für die Diagnose von Ovarialendometriose.
    Vorteile: Nicht-invasiv, weniger teuer und risikoärmer als Laparoskopie.
    Nachteile: Nicht immer in der Lage, weniger ausgeprägte oder tiefer liegende Endometriose-Herde zu identifizieren, besonders wenn sie klein oder versteckt sind.
3.    Magnetresonanztomographie (MRT):
    Beschreibung: MRT kann tief infiltrierende Endometriose visualisieren, insbesondere wenn sie in oder um den Darm, die Blase oder andere Beckenorgane wächst.
    Vorteile: Kann detaillierte Bilder ohne Strahlung liefern, was es zu einem wertvollen Werkzeug bei der Planung von Operationen macht.
    Nachteile: Ist teurer als Ultraschall und nicht so weit verbreitet verfügbar. Kann auch nicht alle Formen von Endometriose identifizieren.
4.    Klinische Diagnose:
    Beschreibung: Basierend auf Symptomen, körperlicher Untersuchung und Anamnese. Ärzte können Endometriose vermuten, aber diese Methode erfordert eine Bestätigung durch eine der oben genannten Techniken.
    Vorteile: Kann schneller und kostengünstiger sein.
    Nachteile: Hohe Rate an Fehldiagnosen, da viele Symptome mit anderen Erkrankungen übereinstimmen können.

Herausforderungen bei der Diagnose


•    Zeitverzögerung: Frauen erleben oft eine lange Verzögerung von Jahren bis zur Diagnose aufgrund der Unspezifität der Symptome oder weil ihre Beschwerden nicht ernst genommen werden.
•    Fehldiagnosen: Symptome wie chronische Beckenschmerzen oder Verdauungsprobleme können zu Fehldiagnosen führen, wie z.B. Reizdarmsyndrom oder andere gynäkologische Erkrankungen.
•    Schmerz- und Symptomvariabilität: Die Intensität und Art der Symptome können stark variieren, was die Diagnose erschwert. Manche Frauen haben nur leichte Symptome, während andere unter schweren Schmerzen leiden.
•    Bedarf an Spezialisten: Die Diagnose kann die Beratung durch Spezialisten wie Gynäkologen, Radiologen oder Endometriose-Experten erfordern, was nicht in allen Regionen verfügbar ist.

Beispiele aus der Praxis

•    Verzögerte Diagnose: Eine Patientin könnte jahrelang mit Schmerzen leben und verschiedene Ärzte konsultieren, bevor sie zu einem Spezialisten kommt, der eine Laparoskopie vorschlägt.
•    Fehldiagnose: Eine Frau könnte für Magenschmerzen behandelt werden, bevor durch eine MRT oder Ultraschall tief infiltrierende Endometriose entdeckt wird.

Behandlung
Die Behandlung von Endometriose kann komplex sein und erfordert einen individuellen Ansatz, da die Symptome und der Einfluss auf die Fruchtbarkeit bei jeder Frau unterschiedlich sein können. Hier sind die Hauptbehandlungsmethoden, die je nach Fall angewendet werden können:

1. Medikamentöse Behandlung
   a. Hormontherapie:
•    Kontrazeptiva (oral, Injektionen, vaginale Ringe): Können helfen, den Menstruationszyklus zu regulieren, Schmerzen zu lindern und das Wachstum von Endometriose-Herden zu verhindern.
•    Progestine: Können in Form von Tabletten, intrauterinen Systemen (IUS) oder Injektionen verabreicht werden, um Menstruationen zu unterdrücken und das Wachstum des Endometriums zu hemmen.
•    GnRH-Analoga (Gonadotropin-Releasing-Hormon): Reduzieren den Östrogenspiegel, indem sie die Menopause simulieren, was die Größe der Endometriose-Herde verkleinern und die Symptome lindern kann.
•    Aromatasehemmer: Werden verwendet, um die Produktion von Östrogen im Fettgewebe zu verringern, und können effektiv sein, wenn andere Methoden keine Linderung bringen.
•    Antigonadotropine: Medikamente, die die Wirkung der gonadotropen Hormone blockieren und die Ovulation verhindern.

   b. Schmerzmanagement:
•    Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR): Ibuprofen, Naproxen und andere können helfen, Schmerzen zu lindern.
•    Opioide: In schweren Fällen, wenn der Schmerz nicht durch andere Mittel kontrolliert werden kann.

2. Chirurgische Behandlung
  a. Konservative Chirurgie:
•    Laparoskopie: Die gebräuchlichste Methode, um Endometriose-Herde zu entfernen oder zu zerstören. Kann effektiv sein, um die Symptome zu verbessern und die Chancen auf eine Schwangerschaft zu erhöhen.
•    Laser-Ablation oder Elektrokoagulation: Wird verwendet, um die Endometriose-Herde zu zerstören.

  b. Radikale Chirurgie:
•    Hysterektomie: Vollständige Entfernung der Gebärmutter, manchmal in Kombination mit der Entfernung der Eierstöcke (Oophorektomie). Wird in extremen Fällen in Betracht gezogen, besonders wenn andere Methoden nicht erfolgreich sind und keine Fortpflanzungswünsche bestehen.
•    Entfernung ektopischer Herde: Beinhaltet das Entfernen aller gefundenen Endometriose-Herde, auch wenn sie außerhalb des Beckens liegen.

3. Alternative und ergänzende Methoden
•    Physiotherapie: Kann bei der Schmerzbewältigung, der Verbesserung der Beckenbodenfunktion und der allgemeinen Lebensqualität helfen.
•    Ernährungstherapie: Eine entzündungshemmende Diät, Reduzierung der Aufnahme von Produkten, die Symptome auslösen können (rotes Fleisch, Milchprodukte, Gluten bei einigen Patientinnen), Erhöhung des Konsums von Früchten, Gemüse und Omega-3-Fettsäuren.
•    Vitamine und Nahrungsergänzungsmittel: Wie z.B. Vitamin D, Magnesium oder Fischöl zur Reduzierung von Entzündungen.
•    Akupunktur, Yoga, Meditation: Hilft bei der Schmerz- und Stressbewältigung sowie bei der Verbesserung des allgemeinen Wohlbefindens.
•    Psychologische Unterstützung: Wichtig im Kampf gegen Depression, Angst und Stress, die mit chronischen Schmerzen und der Diagnose verbunden sind.

4. Fruchtbarkeitsmanagement
•    Assistierte Reproduktionstechnologien (ART): Umfassen IVF (In-vitro-Fertilisation) und andere Methoden, die für Frauen mit durch Endometriose verursachter Infertilität effektiv sein können.

Der Einfluss von Endometriose auf das Leben
Endometriose hat einen tiefgreifenden und vielseitigen Einfluss auf das Leben von Frauen, der nicht nur die körperliche Gesundheit, sondern auch das psychische Wohlbefinden, das soziale und berufliche Leben betrifft. Hier ist, wie Endometriose verschiedene Lebensbereiche beeinflussen kann, ergänzt durch relevante Statistiken:

1. Körperliche Gesundheit
•    Chronische Schmerzen: Schätzungen zufolge erlebt bis zu 70% der Frauen mit Endometriose chronische Beckenschmerzen, was ihre körperliche Aktivität einschränken und die Mobilität beeinträchtigen kann.
•    Menstruationsprobleme: Etwa 50-60% der Frauen mit Endometriose berichten über schmerzhafte Menstruationen, die so stark sein können, dass sie mehrere Tage pro Monat Arbeit oder Studium ausfallen lassen müssen.
•    Probleme mit Verdauung und Harnentleerung: Circa 30% der Frauen mit Endometriose leiden unter Symptomen, die den Darm oder die Blase betreffen.
•    Infertilität: Endometriose ist die Ursache für etwa 30-50% der Unfruchtbarkeitsfälle und betrifft etwa 30-40% der Frauen mit dieser Diagnose.

2. Psychische Gesundheit
•    Depression und Angst: Studien zeigen, dass bis zu 80% der Frauen mit Endometriose Symptome von Depression oder Angst aufgrund von Schmerzen und Unsicherheit erleben können.
•    Selbstwertverlust: Die psychologische Auswirkung der Endometriose kann zu einem Selbstwertverlust bei vielen Frauen führen, besonders bei langwierigen Krankheitskämpfen.
•    Soziale Isolation: Mehr als 40% der Frauen mit Endometriose berichten über eine verringerte soziale Aktivität aufgrund von Schmerzen oder dem Bedürfnis nach Ruhe.

3. Soziales und berufliches Leben
•    Arbeitsausfälle: Statistiken zeigen, dass Frauen mit Endometriose im Durchschnitt etwa 10-15 Arbeitstage pro Jahr aufgrund von Symptomen verpassen.
•    Soziale Einschränkungen: Etwa 60% der Frauen mit Endometriose schränken ihre soziale Aktivität ein, einschließlich Sport oder Reisen.
•    Einfluss auf Beziehungen: Etwa 20-30% der Frauen geben an, dass Endometriose einen negativen Einfluss auf ihre Beziehungen hat, einschließlich ihres Sexuallebens.

4. Reproduktive Entscheidungen
•    Wahl zwischen Behandlung und Schwangerschaftsversuchen: Viele Frauen stehen vor der Zwickmühle, wo die Behandlung der Symptome mit dem Wunsch nach Kindern in Konflikt geraten kann.
•    Emotionale Belastung durch Unfruchtbarkeit: Die Unfruchtbarkeit, die mit Endometriose verbunden ist, kann zu emotionalem Stress führen, der bis zu 50% der Paare betrifft, die versuchen, schwanger zu werden.
•    Familienplanung: Im Durchschnitt warten Frauen mit Endometriose bis zu 7 Jahre auf eine Diagnose, was die Familienplanung beeinflusst und manchmal zur Nutzung unterstützender Fortpflanzungstechnologien führt.

5. Wirtschaftliche Auswirkungen
•    Medizinische Kosten: In einigen Ländern können die medizinischen Ausgaben für die Behandlung von Endometriose Tausende von Dollar pro Jahr betragen, einschließlich Kosten für Operationen, Medikamente und Untersuchungen.
•    Einkommensverlust: Frauen mit Endometriose könnten bis zu 11% ihres jährlichen Einkommens wegen Krankheitstagen und verminderter Produktivität verlieren.

Ein ganzheitlicher Ansatz bei der Behandlung sollte nicht nur die Linderung von Schmerzen oder die Kontrolle der Symptome berücksichtigen, sondern auch die allgemeine Lebensqualität verbessern. Dazu gehört:

Medizinische Unterstützung: Die Behandlung sollte individualisiert sein und das Stadium der Krankheit, die Symptome und die reproduktiven Ziele der Patientin berücksichtigen. Die kombinierte Nutzung von Medikamenten, chirurgischen Eingriffen und alternativen Methoden kann die besten Ergebnisse liefern.
Psychologische Hilfe: Psychologische Unterstützung ist entscheidend, um Depression, Angst und das Gefühl der Isolation entgegenzuwirken, die oft mit Endometriose einhergehen. Unterstützungsruppen, Psychotherapie und Bildungsangebote können das psychische Wohlbefinden erheblich verbessern.
Soziale und berufliche Integration: Es sind Bemühungen notwendig, um eine verständnisvollere Gesellschaft und Arbeitswelt zu schaffen, in der Frauen mit Endometriose die notwendigen Anpassungen erhalten können, wie flexible Arbeitszeiten oder die Möglichkeit, von zu Hause auszuarbeiten.
Aufklärung und Bildung: Eine erhöhte Sensibilisierung für Endometriose in der breiten Öffentlichkeit und unter medizinischem Personal kann zu einer früheren Diagnose, zur Reduzierung von Stigmatisierung und zu einem besseren Verständnis des Zustands führen. Bildung kann auch die Bedeutung der Zusammenarbeit mit verschiedenen Disziplinen für einen ganzheitlichen Behandlungsansatz unterstreichen.
Forschung und Innovation: Kontinuierliche Forschung ist notwendig, um die Ursachen der Endometriose besser zu verstehen, neue Diagnose- und Behandlungsmethoden zu entwickeln und die Lebensqualität der Patientinnen zu verbessern. Innovationen in der Medizin könnten weniger invasive Diagnosemethoden und effektivere Behandlungsstrategien bieten.

Medizinisches Cannabis

Endometriose ist eine chronische Erkrankung, die oft mit starken Schmerzen, Entzündungen und anderen Symptomen wie Müdigkeit, Verdauungsproblemen oder Unfruchtbarkeit einhergeht. Medizinisches Cannabis wird zunehmend als alternative oder ergänzende Therapie zur Linderung von Endometriose-Symptomen untersucht.
Wie kann medizinisches Cannabis bei Endometriose helfen?

Medizinisches Cannabis enthält Cannabinoide wie THC (Tetrahydrocannabinol) und CBD (Cannabidiol), die über das Endocannabinoid-System (ECS) wirken. Das ECS spielt eine wichtige Rolle bei der Schmerzregulation, Immunmodulation und Entzündungshemmung.
Mögliche Wirkungen von Cannabis bei Endometriose:

Schmerzlinderung – THC und CBD können die Schmerzsignale im Nervensystem beeinflussen und die Schmerzempfindlichkeit reduzieren.
Entzündungshemmung – CBD hat nachweislich entzündungshemmende Eigenschaften, die helfen können, die mit Endometriose verbundenen Entzündungen zu reduzieren.
    Muskelentspannung – Cannabis kann helfen, Krämpfe der Gebärmuttermuskulatur zu lösen.
    Verbesserung der Schlafqualität – Viele Betroffene leiden unter Schlafstörungen, die durch Cannabis    verbessert werden können.
    Stimmungsaufhellung – Endometriose kann psychische Belastungen wie Depressionen und Angstzustände verursachen, die durch Cannabis gemildert werden könnten.

Welche Cannabis-Produkte kommen in Frage?

    Blüten mit THC und/oder CBD (zum Inhalieren oder Verdampfen)
    CBD-Öl oder Kapseln (für eine sanftere und langanhaltende Wirkung)
    THC- oder CBD-haltige Zäpfchen (direkte Anwendung im Beckenbereich zur gezielten Schmerzlinderung)
    Tinkturen oder Sprays (schnelle Wirkung über die Mundschleimhaut)

Wissenschaftliche Erkenntnisse und Erfahrungsberichte

Studien und Erfahrungsberichte von Patientinnen deuten darauf hin, dass Cannabis eine vielversprechende Behandlungsoption sein kann. Eine Umfrage aus Australien (2021) ergab, dass über 50 % der befragten Frauen mit Endometriose von einer Linderung durch Cannabis berichteten, insbesondere bei Schmerzen und Schlafproblemen.
25. Oktober 2025
Langlebigkeit (Longevity) aus medizinischer Sicht Altern ist ein natürlicher, fortschreitender Vorgang, bei dem sich im Laufe der Zeit Schäden an unserer DNA, Zellen und Geweben anhäufen. Diese Schädigungen kann der Körper irgendwann nicht mehr vollständig reparieren, was zu einer Leistungsabnahme von Organen führt. Mit steigendem Alter nimmt auch das Risiko für chronische Erkrankungen stark zu: So erhöhen sich etwa DNA-Mutationen, was das Krebsrisiko bei älteren Menschen deutlich ansteigen lässt. In der Alternsforschung unterscheidet man zwischen dem „chronologischen“ Alter (tatsächliches Geburtsalter) und dem „biologischen“ Alter, das den Gesundheitszustand der Zellen widerspiegelt. Ziel ist es daher, durch Lebensstil oder medizinische Interventionen das biologische Altern zu bremsen und die Gesundheitsspanne (gesunde Lebensjahre) zu verlängern. Genetik, Epigenetik und Lebensstil Ein wichtiger Einflussfaktor auf Langlebigkeit ist unsere genetische Ausstattung. Erbfaktoren legen teilweise fest, wie schnell Körperfunktionen nachlassen. Studien deuten jedoch darauf hin, dass nur ein kleiner Teil der Lebenserwartung fest „vererbt“ ist. Epigenetische Mechanismen – Veränderungen, die die Aktivität von Genen steuern, ohne die DNA-Sequenz zu ändern – spielen eine zentrale Rolle. Bei Modellsystemen wurde gezeigt, dass Altern von bestimmten epigenetischen Veränderungen begleitet wird, denen man durch Ernährung und Bewegung entgegenwirken kann. So kann eine moderate Kalorienrestriktion oder vermehrte körperliche Aktivität epigenetische Alterungsprozesse verlangsamen und die Lebensspanne verbessern. Eine bekannte Beobachtung ist zudem, dass bestimmte Ernährungsgewohnheiten – zum Beispiel die mediterrane Kost mit viel Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Olivenöl – mit längeren Telomeren und damit einem langsamer verlaufenden Alterungsmarker einhergehen. Starke Lebensstilfaktoren wie Rauchen oder Übergewicht zeigen dagegen oft eine negativere Telomerlänge und ein höheres Erkrankungsrisiko. Zelluläre Alterungsprozesse Auf Zellebene gibt es einige „Kennzeichen des Alterns“, die zum Funktionsverlust beitragen. Ein zentrales Beispiel sind die Telomere, die Schutzkappen an den Enden der Chromosomen. Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere ein Stück; sind sie zu kurz, hören Zellen auf, sich zu teilen, oder werden seneszent – sie verbleiben am Leben, schütten aber entzündungsfördernde Stoffe aus. Dies kann Alterungsprozesse beschleunigen und Alterskrankheiten fördern. Ein weiteres Merkmal ist die abnehmende Reparatur von Schäden in der DNA; mit der Zeit häufen sich Mutationen an, die etwa Zellfunktionen stören oder die Zelle in Seneszenz führen können.  Auch Faktoren wie oxidativer Stress (freie Radikale) und eine nachlassende Mitochondrienfunktion tragen dazu bei, dass Zellen weniger leistungsfähig werden. Regelmäßige Bewegung hilft, einige dieser Prozesse abzumildern. Moderate körperliche Aktivität führt zu einem leicht erhöhten Signal oxidativer Sauerstoffspezies (ROS), was paradoxerweise gesundheitsfördernd wirkt, und sie aktiviert die Autophagie, einen Recycling-Mechanismus der Zellen. Autophagie entfernt geschädigte Zellbestandteile und ist wichtig für die Zellerneuerung; Studien zeigen, dass eine Aktivierung der Autophagie mit einem gesünderen Altern und einer verlängerten Lebensspanne einhergeht. Senolytische Therapien und Gentherapie Ein aktueller Forschungsschwerpunkt sind Senolytika – Medikamente, die gezielt seneszente Zellen vernichten. Seneszente Zellen haben sich in einen Ruhemodus zurückgezogen und geben entzündungsfördernde Botenstoffe ab, die das Gewebe schädigen. Senolytische Wirkstoffe setzen dort an, indem sie in diese Zellen den programmierten Zelltod (Apoptose) auslösen. In Tierstudien haben erste Senolytika bereits positive Effekte gezeigt. So reduzierte etwa der Wirkstoff Tanespimycin die Zahl seneszenter Zellen im Forschungsmodell Wurm und senkte die damit verbundene chronische Entzündung. Klinische Versuche laufen bereits an: Ein Vertreter, UBX0101, wurde etwa zur Behandlung von Arthrose getestet und ein anderer, UBX1967, bei altersbedingten Augenleiden. Ob Senolytika beim Menschen langfristig sicher und effektiv den Alterungsprozess verlangsamen können, wird derzeit intensiv erforscht. Neben Senolytika spielen Gentherapie-Ansätze in der Langlebigkeitsforschung eine wachsende Rolle. Dabei werden Gene oder Genfunktionen gezielt verändert, um altersbedingte Defekte zu korrigieren. In Tierversuchen konnten solche Ansätze die Lebensdauer signifikant erhöhen: Zum Beispiel erhielten ältere Mäuse per Virus-Vektoren ein zusätzliches Telomerase-Gen (TERT). Ergebnis: Die mediane Lebensdauer stieg um etwa 13–24 %, je nach Alter beim Therapiebeginn, ohne dabei das Krebsrisiko zu erhöhen. Ein anderes Beispiel ist die Erhöhung des Klotho-Proteins, eines als „Longevity-Gen“ bekannten Faktors. Gentherapie mit dem Klotho-Gen verbesserte bei Mäusen Muskelkraft, Knochendichte und neurologische Funktion im Alter – und verlängerte die Lebensspanne um rund 15–20 %. Diese Forschung steht allerdings meist noch am Anfang und ist bislang auf Tierversuche beschränkt. Sie zeigt jedoch, dass eine gezielte Modifikation von Genen prinzipiell altersbedingte Verschleißprozesse bremsen kann. Insgesamt deuten aktuelle Studien darauf hin, dass sowohl genetische Faktoren als auch Lebensstil entscheidend für ein gesundes Altern sind. Umwelt- und Verhaltensfaktoren (Ernährung, Bewegung) können epigenetische Prozesse positiv beeinflussen, während neue medizinische Therapien versuchen, die molekularen Ursachen des Alterns direkt anzugehen (etwa durch Senolytika oder Gentherapie). Die Forschung auf dem Gebiet der Langlebigkeit nimmt stetig zu, und viele Erkenntnisse stammen aktuell aus Grundlagenstudien mit Modelorganismen. Erst in den nächsten Jahren wird sich zeigen, welche dieser Ansätze beim Menschen sicher angewendet werden können.
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